Veränderte Rahmenbedingungen erfordern neue Lösungen!
Mit der Einführung des Anspruchs auf eine 4-Tage-Woche hat die Stadt Villach österreichweit für mediale Aufmerksamkeit gesorgt. Das ist jedoch nur eine Maßnahme in einem strategisch angelegten Veränderungsprozess der Arbeitswelt im Magistrat der Stadt Villach.
Der Fachkräftemangel ist längst im öffentlichen Dienst angekommen. Waren früher vor allem Spezialistenfunktionen im Bereich der IT oder der Bautechnik schwierig zu besetzen, ist es heute in fast allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung herausfordernd, sich in die Pension verabschiedende Angehörige der Babyboomer-Generation adäquat nachzubesetzen. Der langjährig angekündigte „war for talents“ hat alle Bereiche erfasst und öffentliche Arbeitgeber vielfach unvorbereitet mit der neuen Konkurrenzsituation konfrontiert. Während für private Unternehmen attraktive Traineeprogramme, zeitgemäße Employer-Branding-Aktivitäten, maßgeschneiderte Onboarding-Systeme, flexible Arbeitszeiten und durchdachte, leistungsgerechte Entgeltsysteme zum Standard eines modernen Personalmanagements gehören, fokussiert sich Personalarbeit im öffentlichen Dienst teils immer noch auf Administration, Abrechnung und Fortbildung.
Um in einer dynamischen Wirtschaftsregion wie Villach weiterhin qualifizierte Fachkräfte für eine Tätigkeit im Magistrat zu begeistern, passte man sich mit dem strategischen Ziel „zum attraktivsten Arbeitgeber in Kärnten zu werden“, an die neuen Gegebenheiten an.
Sicherheit allein ist nicht mehr Anreiz genug
Noch vor einigen Jahren konnte man mit der Sicherheit des öffentlichen Dienstes allein schon punkten. Heute spielen neben einer flexibleren Arbeitszeit auch Optionen für Aus- und Weiterbildung, Vorgesetzten-Mitarbeiter-Gespräche mit offener Feedbackkultur sowie eine sinnstiftende Tätigkeit eine immer wichtiger werdende Rolle. Um Bewerber*innen von der Attraktivität der Stadt Villach überzeugen zu können, wurden Maßnahmen zu diesen Aspekten ergriffen und die Employer-Branding-& Recruiting-Strategie darauf ausgerichtet. Es geht dabei freilich nicht darum, eine Imageblase zu produzieren, sondern ein Markenversprechen abzugeben, das die eigenen Mitarbeiter*innen als Markenbotschafter in den Mittelpunkt rückt.
In weiterer Folge wurde der Recruiting-Prozess digitalisiert, die Feedbackdauer in Bewerbungsverfahren radikal verkürzt, Mitarbeitervideos produziert, Stellenbezeichnungen
und Ausschreibungen attraktiver gestaltet und die Kooperation mit Schulen, Fachhochschulen und Universitäten intensiviert. Alle gängigen Social-Media-Kanäle (Facebook,
Instagram, Linkedin) werden aktuell ebenso bespielt, wie die städtische Plakatierung ebenfalls in das Arbeitgebermarketing einbezogen wurde. 2021 landete die Stadt Villach
damit beim „Best-Recruiters-Ranking“ erstmalig unter den Top 3 (nach dem Land Salzburg und der Wirtschaftskammer Österreich) der besten Recruiter im öffentlichen Bereich.
Doch ein modernes Recruiting allein ist freilich nicht genug: Ebenfalls wurde die Möglichkeit geschaffen, 25 Prozent der Arbeitszeit im Teleworking zu erbringen. Damit einhergehend begann man, die Mitarbeiter*innen mit zeitgemäßen IT-Endgeräten auszustatten und auch, „neue Arbeitswelten“ physisch im Rathaus einzurichten: So wurde ein CO-Working-Space geschaffen, ein Innovationsraum sowie ein Stehbesprechungszimmer („für rasche Lösungen“) etabliert.
Offene innerbetriebliche Sozialpartnerschaft als Erfolgsfaktor
All diese Bemühungen fanden in enger Abstimmung zwischen Arbeitgeber, Politik und Personalvertretung statt, und so wurden auch neue Ansätze im Bereich der Arbeitszeitgestaltung ergebnisoffen diskutiert. Im März 2022 einigte man sich auf eine Arbeitszeitverkürzung um 5 Prozent, die mit der Einführung einer bezahlten Mittagspause von 30 Minuten umgesetzt wird. Ebenfalls erreicht werden konnte in fast allen Bereichen die Einführung einer 4-Tage-Woche, auf die jede zweite Woche ein Anspruch besteht. Im Gegenzug verzichten die Bediensteten auf die Lohn- und Gehaltserhöhung 2022 von im Schnitt etwa drei Prozent. Ebenfalls festgehalten wurde an der Gewährung der sechsten Woche Urlaub ab dem ersten Tag.
Die wegfallenden Stunden der etwa 1.000 Bediensteten werden aber nicht in Bausch und Bogen durch Neueinstellungen kompensiert. Vielmehr sorgt ein ausgewogenes Schwerpunktpaket dafür, dass Abteilungen, die überdurchschnittlich ausgelastet sind auch überdurchschnittlich mehr Personalressourcen zur Verfügung gestellt werden. Auf der anderen Seite heißt das aber auch, dass in vielen Bereichen der Wegfall der 5 Prozent der Arbeitszeit durch Effizienzsteigerungen bzw. Aufgabenkritik kompensiert werden muss.
Das gesamte Arbeitszeitpaket wurde zwei Mal einer Abstimmung unterzogen. Bei der ersten Abstimmung wurde die Personalvertretung mit beinahe 90 Prozent Zustimmung
mit einem Verhandlungsmandat ausgestattet, bei der Endabstimmung sprachen sich dann 63 Prozent für die Verkürzung der Arbeitszeit bei gleichzeitigem Entgeltverzicht aus.
Wenn es gelingt, weiterhin mit großer Offenheit und in Kooperation zwischen Politik, Arbeitgeber- und Personalvertretung auf die Veränderungen am Arbeitsmarkt zu reagieren, werden auch zukünftig die besten Köpfe für Positionen im öffentlichen Dienst begeistert werden können.
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