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Einschätzung zum angekündigten Kommunalen Investitionsprogramm 2023

Angesichts der finanziellen Herausforderungen der Gemeinden im Zuge der Teuerung und gestiegener Energiepreise wurde vom Bund eine Neuauflage des Kommunalen Investitionsprogramms für die Jahre 2023 und 2024 angekündigt. Diese Maßnahme wird einen wichtigen Beitrag zur Stützung der kommunalen Investitionstätigkeit leisten. Eine Lösung für die absehbaren Liquiditätsprobleme vieler Gemeinden zeichnet sich hingegen noch nicht ab. Dies wäre jedoch zur Absicherung der kommunalen Daseinsvorsorge wichtig. Auch ist zu befürchten, dass die Gelder des Investitionsprogramms nicht abgerufen werden können, wenn die Mittel bereits im laufenden Betrieb fehlen.

Das angekündigte Paket

Beim Kommunalgipfel am 14.11.2022 wurde von Seiten des Bundes eine Neuauflage des Kommunalen Investitionsprogrammes in Höhe von 1 Mrd. Euro angekündigt. Die Mittel stehen für die Jahre 2023 und 2024 zur Verfügung. Die Hälfte der Mittel kann ausschließlich für Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz verwendet werden, die andere Hälfte wie auch das letzte Kommunale Investitionsprogramm 2020 für den Großteil der kommunalen Infrastrukturen.

Ausgangslage der Gemeinden 2023

Bisherige Schätzungen des KDZ gehen davon aus, dass die finanzielle Lücke der Gemeinden im laufenden Betrieb 2023 ähnlich hoch sein wird wie 2020 im Zuge der Pandemie. Unter Berücksichtigung der aktuellen Wirtschaftsprognosen des WIFO und der Ertragsanteilsprognosen des BMF zeigt sich, dass der Saldo der operativen Gebarung um rund 1,2 Mrd. Euro (ohne Wien) zurückgeht und damit auf einem ähnlichen Niveau wie 2020 liegen kann. Der Saldo der operativen Gebarung gibt darüber Auskunft, inwieweit die Gemeinden ihre laufenden Ausgaben durch laufende Einnahmen decken können. Die verbleibenden Mittel können in weiterer Folge für
Zinszahlungen sowie für Investitionen verwendet werden.

Kann eine Gemeinde ihre laufenden Ausgaben nicht mehr durch laufende Einnahmen decken – und weist daher einen negativen Saldo aus – hat die Gemeinde ein Liquiditätsproblem. Zusätzlich hat sie auch keine freien Mittel mehr für Investitionen zur Verfügung. In Folge müssen entweder Schulden aufgenommen, Rücklagen aufgelöst oder Investitionen verschoben werden. Dies traf 2020 immerhin auf rund ein Drittel der Gemeinden zu.

Grund für die angesprochene Lücke ist, dass nächstes Jahr die laufenden Ausgaben stärker wachsen werden als die Einnahmen. Knapp 40 Prozent der laufenden Einnahmen der Gemeinden stammt aus Ertragsanteilen (Anteil an Ust, KöSt, ESt etc.). 2023 werden diese aufgrund der Abschaffung der kalten Progression und anderer steuerlicher Maßnahmen voraussichtlich um nur 1,1 Prozent gegenüber 2022 steigen. Auf der anderen Seite zeigt sich eine hohe Ausgabendynamik. Die Energiekosten steigen um das
3- bis 10-fache, die weiteren Ausgabensteigerungen können mit 6,5 Prozent (Inflationsprognose) angesetzt werden. Instandhaltungs- und Investitionsausgaben werden zumindest um 10 Prozent über dem Vorjahreswert liegen.

Knackpunkt für die Nutzung des Investitionsprogramms wird die Liquidität sein

Ähnlich wie auch 2020 werden sich auch 2023 zwei Probleme zeigen: die Liquidität und das Schaffen von ausreichend Spielräumen, um Investitionen zu tätigen. Das jetzt angekündigte Paket stützt zwar Investitionen, lässt aber Liquiditätsprobleme außer Acht. Gemeinden sind für knapp 30% der öffentlichen Investitionen verantwortlich. Diese abzusichern ist angesichts der großen Herausforderungen insbesondere in den Bereichen Kindergarten, Ganztagsschulen und Klimawandel von hoher Bedeutung. Es ist aber zu befürchten, dass die Investitionsförderungen nicht abgeholt werden, wenn den Gemeinden die Liquidität fehlt. Auch die Mittel vom kommunalen Investitionsprogramm 2020 waren Ende 2021 nur zu 82 Prozent abgeholt.

Inhaltliche Schwerpunksetzungen des Investitionsprogramms

50 Prozent der angekündigten Mittel sind für Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz reserviert, 50 Prozent können für die gesamte kommunale Infrastruktur verwendet werden. Beim kommunalen Investitionsprogramm 2020 flossen nur knapp 30 Prozent der Mittel in ökologische Maßnahmen, wobei hier Investitionen in Wasserversorgung und Kanal hinzugezählt wurden. Knapp 30 Prozent entfielen auf Kindergarten und Pflichtschulen. Rund 20 Prozent betrafen die weniger klimafreundlichen Gemeindestraßen.

Das KDZ empfiehlt klare Schwerpunktsetzungen. Etwa könnten für klimafreundliche und soziale Infrastrukturen höhere Fördersätze gelten. Auch die derzeitig bestehende Deckelung pro Gemeinde sollte überdacht und stärker an die tatsächlichen Bedarfe ausgerichtet werden. Etwa haben Städte hohe Investitionsbedarfe, da sie im Rahmen ihrer regionalen Versorgungsfunktion mehr Infrastrukturen anbieten müssen – etwa öffentlicher Verkehr, Kultur, Sport.

Warum Gemeinden das Problem nicht selbst lösen können

Der Bund hat beim Kommunalgipfel betont, dass die Finanzierungslücke der Gemeinden nur abgefedert werden kann, nicht aber voll auszugleichen ist, da alle vor großen Herausforderungen stehen. Dem kann grundsätzlich zugestimmt werden, da jeder seinen Beitrag leisten muss. Auch Gemeinden müssen sparen. Es ist jedoch zu bedenken, dass die Gemeinden im Gegensatz zu Bund und Ländern deutlich geringere Spielräume haben. So können sie nicht einfach neue Einnahmenpotenziale eröffnen. Auch gibt es teils enge rechtliche Vorgaben bei der Leistungserbringung – etwa bei Kindergärten und Schulen - oder bei der Verschuldung. Die Gemeindeebene ist auch geprägt durch ständig neue Anforderungen und Herausforderungen, die auch Geld kosten.

Empfehlungen des KDZ zur Stützung der kommunalen Finanzen

Um die kommunale Daseinsvorsorge abzusichern, wird ein mehrdimensionaler Lösungsansatz empfohlen: Kurzfristig bedarf es der Liquiditätssicherung und Investitionsprogramme durch den Bund sowie Konsolidierungsmaßnahmen durch die Gemeinden. Langfristig braucht es Reformen im Finanzausgleich und im Föderalismus, um die Finanzierbarkeit der kommunalen Daseinsvorsorge abzusichern. Die letzten Krisenjahre haben hier deutliche Lücken in der Resilienz der Gemeindefinanzen gezeigt.

Forderungen im Finanzausgleich: Mehr Mittel für Gemeinden und Länder

Letzte Woche haben die Länder eine Anpassung der Verteilungsschlüssel zugunsten von Ländern und Gemeinden im nächsten Finanzausgleich gefordert. Dies begründet sich darin, dass Länder und Gemeinden mit deutlich dynamischen Aufgabenbereichen konfrontiert sind. Zu nennen sind insbesondere starke Steigerungen bei Gesundheit und Soziales aufgrund der demografischen Struktur, aber auch die Ausbauerfordernisse bei Kinderbetreuung, Ganztagsschulen und öffentlicher Verkehr. Die Verteilungsschlüssel im Finanzausgleich sind jedoch seit Jahrzehnten unverändert geblieben und wurden bisher nicht an die veränderten Aufgaben angepasst. Hier wäre eine Evaluierung sinnvoll, welche auch eine Anpassung des Verteilungsschlüssels samt laufender Dynamisierung im Fokus hat. Um mittelfristig die Finanzierung der Daseinsvorsorge abzusichern, wird man hierher mehr Mittel lenken müssen.

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Mag. Thomas Wolfsberger | Finanzdirektor der Stadt St. Pölten
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